GESCHICHTE DES WOLSZTYNER BAHNBETRIEBSWERKES
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Das Wolsztyner Bahnbetriebswerk wurde 1907 erbaut. Die erste Bahnstrecke (22,7 km) von Zbaszynek wurde aber schon  am 1. Juni 1886 eröffnet. Zehn Jahre später konnte man schon von Wolsztyn mit einem Zug nach Leszno reisen. Seit 1898 auch nach Grodzisk und weiter nach Poznan. Im gleichen Jahr kam noch die Strecke nach Sulechow hinzu. Die letzte Bahnstrecke nach Konotop war 1905 und Nowa Sol erst 1908 fertig.
So kreuzen sich in Wolsztyn 5 Bahnstrecken, die nach:
Poznan (KB 332  i 329),
Leszno (KB 328),
Zbaszynek (KB 328),
Sulechow (KB 332) und nach Nowa Sol (KB 348) führen. 
Die Strecken nach Nowa Sol und Sulechow sind leider für den Personenverkehr seit Anfang der 90er Jahre stillgelegt. Da können Sie aber noch eine Dampflok mit einem Sonderzug sehen. In die Messestadt Poznan fahren die Dampflokomotiven mit den Personenzügen von Montag bis Freitag zweimal am Tage! 1907 wurde in Wolsztyn, damals noch Wollstein, ein kleiner vierständiger Lokschuppen errichtet. Erst 1909 wurde er bis auf 8 Stände, wie es noch heute ist, erweitert. Hinzugebaut wurden damals die längeren Ständer 5 bis 8. Die ersten Maschinen im BW waren 2 preussische T3 (bei der PKP als TKh1 bezeichnet), dann die BR91 (TKi3) und die BR13.4 (Pd5). Da die Dampfloks keinen großen Wasserrat hatten, mussten sie oft unterwegs Wasser fassen. In Wolsztyn gab es dazu mehrere Wassarkräne. Sie sind wahrscheinlich die ältesten Wasserkräne bei der PKP. Sie wurden 1901 in Neu Satz an der Oder gebaut. Die Wasserkräne haben keinen Wasserabscheider, d.h. nach dem Zudrehen des Hauptventils bleibt das Wasser in dem senkrechten Teil des Wasserkranes stehen. Damit das Wasser im Winter nicht zufriert und das Rohr nicht beschädigt wird, wird der Wasserkran beheizt! Im unteren Teil ist ein kleiner Kohlenofen angebracht. Als die Wasserkräne an den Bahnsteigen 1 und 3 noch im Einsatz waren, wurde dann im Winter immer einer dafür veratnwortlich, dass das Feuer nicht ausging. [WASSERKRAN]
Zu Anfang zählte das Personal im BW etwa 20 Arbeiter, darunter nur 2 polnische Lokführer. Nach 1919 fuhren die Züge Richtung Westen nur bis zur Grenze, also nach Keblowo (Kiebel) und nach Kopanica (Kopnitz).  Am 1. September 1939 wurde das Bahnhofsgebäude völlig niedergebrannt. Erst in den 60er Jahren wurde ein Neues erbaut. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Kasse und der Wartesaal in einer Holzbaracke (die gibt es bis heute noch, neben dem heutigen Bahnhofsgebäude) unterbebracht. [BAHNHOF] In der Zeit des zweiten Weltkriegs waren in Wolsztyn über 30 Dampfloks beheimatet. Es waren u.a. die Dampflokomotiven der Baureihe Pd5, TKi3, Tp4 oder Od2. Die von Wolsztyn ausgehenden Güterzüge mit den militärischen Transporten kamen sogar bis zur sowjetischen Grenze. Die besten Zeiten für das Bahnbetriebswerk waren die 70er und 80er Jahre. 
Jeden Tag waren damals über über 30 Dampflokomotiven im Einsatz. Beschäftigt wurden etwa 300 Personen! Die Dampflokomotiven fuhren mit Personen und Güterzügen auf den umliegenden Bahnstrecken, sowie auch mit vielen Transitzügen, z.B. von Ostrów Wielkopolski, durch Leszno, Wolsztyn, Sulechów bis nach Guben Wilhelm-Pieck-Stadt! Außerdem waren noch unsere Dampflokomotiven beim Rangieren in Wolsztyn und in Nowa Sol und auf der Strecke nach Sulechów, in Smolno Wielkie, als Vorschub, im Einsatz. Im Personenverkehr waren es vor allem die Ok1 und im Güterverkehr die Ty2/Ty42. Durch Wolsztyn gingen damal viele russische, militärische Züge, sg. "Eschelon" (russisch).Zwischen Smolno Wielkie und Sulechow gibt es eine Steigung, wo mit Schublok gefahren werden musste. Die Güterzüge und die militärischen Züge mussten da immer anhalten und warten, bis eine Schublok den Zug nachdrückte. Die russischen Soldaten, die mehrmals am Tag diese Strecke gefahren waren, nutzten die kurze Pause um ihre Notdurft zu verrichten. Nach mehreren solchen Zügen am Tag konnte man an den Gleisen nicht mehr vorbeigehen. Auf Befehl der russischen Militärbehörde wurde an der Station in Smolno Wielkie ein Abort errichtet, ein ziemlich großes, gelbes Gebäude, das in den 90er Jahren abgerissen wurde. Das war auch ein Stück der Bahngeschichte! Weil auf der Strecke Wolsztyn - Sulechów viele Transporte fuhren, mussten in Kargowa ein Wasserturm und drei Wasserkräne in Betrieb sein. Leider sobald die Transporte zu Ende waren, wurde der Wasserturm abgerissen. In den 70er und 80er Jahren fuhren echt viele Transporte durch Wolsztyn. Wenn solche Züge an der Station in Wolsztyn anhielten, um einen Lokwechsel vorzunehmen oder die Dampflok zu restaurieren, war es oft so, dass der ganze Zug zu lang war und konnte zwischen den Stellwerken WL und WL1 keinen Platz finden. Deswegen wollte man die Station in Wolsztyn Richtung den See zu vergrößern. Es wurden sogar die Baupläne entworfen. Leider ist das Vorhaben nicht zu Stande gekommen. Es war auch so, dass die Transitzüge von Guben nach Wolsztyn aufgrund des Kohlenmangels im Tender schon in Karkowa oder Zodyn stehen geblieben sind. So musste dann eine Dampflok aus Wolsztyn zur Hilfe kommen. Als die Dampflok in Wolsztyn ankam, fuhr sie gleich an die Löschgrube. Hier musste sie aber oft lange warten, denn an der Reihe standen schon 4 oder  5 andere Dampflokomotiven. An der Löschgrube haben 4 Personen gearbeitet. Die 3 Kohlenkräne waren damals noch von Hand angetrieben. Wenn da  z.B. eineTy2 mit einem leeren Tender aufkreuzte, musste das Personal 12 Tonnen Kohle in den Tender schaffen. Es waren also 24 Wagen, die man mit Kohle, je 500 kg, beladen und mit dem Kran hoch ziehen musste. In der Schlange an der Löschgrube musste aber keine Dampflokomotiven von den s.g. Eschelon Zügen warten. Sie fuhren oft auf die Drehscheibe und von dort direkt zum Bekohlen und Wasserfassen. Na ja, die russische Macht machte es möglich. 
Vor dem Schuppen befindet sich eine Drehscheibe von 1908. Gehen Sie mal in die Kabine rein und schauen Sie sich das Datenschild auf dem Antrieb an! Ja, der Antrieb wurde 1908 in Görlitz gebaut und ist bis heute immer noch betriebsfähig. Die damals 16 m lange Drehscheibe wurde zuerst auf 20 m und im Juli 2002 bis auf 20,5 m vergrößert. Dank der letzten Vergrößerung kann nun die Pm36-2 gedreht werden. Leider ist es immer noch zu wenig für die Pt47-65. Deswegen fährt sie oft mit dem Tender voraus. [DREHSCHEIBE]
Hinter dem Schuppen steht ein Wasserturm von 1907. Sein Behälter kann 100m3 Wasser fassen. Am Karfreitag 1998 wurde das Dach auf dem Turm bei einem heftigen Sturm stark beschädigt, und wurde erst im Jahre 2002 repariert. Das Wasser kommt aus dem nahliegenden Berzyner See. Auf dem BW-Gelände befinden sich noch: eine Werkstatt, Kohlenbanse (1000 und 714m3), eine 15m lange Löschgrube und 2 alte Kohlenkräne. Der älteste Kohlenkran von 1907 von der Fa. Friedenwelde ist leider 1999 zerlegt worden. Heutzutage wird zur Bekohlung auch ein moderner Schienenkran benutzt.Auf dem Bahnhofsgelände befinden sich 2 Stellwerke. Das Stellwerk WL gegenüber dem BW und das Stellwerk WL 1 an der Fußgängerüberführung auf der gegenüberliegenden Seite. Die 1891 und 1903 von der Firma Lehmann & Co AG aus Berlin gebauten Stellwerksanlagen werden noch heute eingesetzt.  Wasserturm - Blick von der Möbelfabrik
Das Stellwerk WL ist ein Befehlsstellwerk. Es steuert 3 Einfahrts- und 5 Ausfahrtssignale. Eben hier gibt es auch die Kabine mit einer Sprechanlage, mit der Ankunft und Abfahrt des Zuges auf dem Bahnsteig angesagt wird. Die nächste Bahnstrecke, die an dem Gebäude des Stellwerkes vorbeikommt, führt nach Leszno, die zweite nach Konotop und die dritte nach Poznan. Von dem Stellwerk WL 1 werden 3 Ausfahrts- und  2 Einfahrtssignale an den Strecken von Sulechow und Zbaszynek gesteuert. Die Einfahrtssignale sind weit vom Stellwerk, hinter dem Viadukt am Stadion entfernt. Wenn Sie auf der Fussgängerüberführung am Stellwerk WL 1 stehen und Richtung Viadukt hinschauen, so führt die rechte Strecke nach Zbaszynek und die auf der linken Seite nach Sulechow.
Nirgendswo in Europa finden Sie ein anderes Bahnbetriebswerk, wo alte Dampflokomotiven jeden Tag im Plandienst eingesetzt werden. In Wolsztyn sind täglich drei Maschinen unter Dampf!
Hoffentlich werden die Wolsztyner Dampflokomotiven noch einige Jahre fahren können. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass sich ihr technischer Zustand von Jahr zu Jahr verschlechtert und das Geld für die notwendigen Reparaturen fehlt.

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LOKBESTAND
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1965
Tr203
Ty2/Ty42
Ok1

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www.parowozy.com.pl
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